Ich weiß nichts mit Sicherheit, aber der Anblick der Sterne lässt mich träumen.

Was macht mich glücklicher? Wissen oder träumen?

Ich weiß nichts mit Sicherheit, aber der Anblick der Sterne lässt mich träumen. (Vincent van Gogh)

„ich weiß, dass ich nichts weiß“, sagte der römische Stoiker Seneca vor mehr als 2000 Jahren. Kluge Köpfe deuten diesen Ausspruch heute unter anderem so, dass Seneca seine Wissensgrenzen erkannte und an sich selbst damit appellierte, nie aufzuhören zu lernen und offen für Neues zu sein.

Hierzu passt van Goghs „Ich weiß nichts mit Sicherheit“ sehr gut.

Und – aller guten Dinge sind bekanntlich drei, also sollte hier das Universalgenie Einstein auch nicht fehlen, der appellierte, alles als ein großes Wunder zu betrachten. Ob er wohl trotz seiner bahnbrechenden Erkenntnisse beim Anblick der Sterne auch noch ins Träumen geriet? Ich wage es zu behaupten. Er war ja nicht nur Wissenschaftler, sondern auch ein begnadeter Künstler.

Kinder träumen. Künstler träumen. Idealisten träumen. Von einer besseren Welt. Vom Schutz unseres blauen so verletzlich wirkenden Planeten, wie uns die auf der ISS arbeitenden Wissenschaftler immer wieder zu berichten wissen.

Nun ist die Erde streng genommen kein Stern, sondern ein unsere Sonne umkreisender Planet. Ein selbst nicht leuchtender Himmelskörper. Was wir als Sterne sehen, abgesehen von den für uns sichtbaren Planeten unseres Sonnensystems, sind Sonnen, neu geborene, sterbende, gestorbene. Zu Hauf. Sternenhaufen. Millionen, Milliarden, Billionen von Kilometern entfernt. 

Schauen wir im industrialisierten Europa zum Nachthimmel auf, häufelt es allerdings kaum noch. Zu viel Verschmutzung, zu viel künstliches Licht unserer Zivilisation.

 Vor fünfzig, sechzig Jahren war das noch anders. Wenn ich als Kind zum Himmel aufschaute, war dieser noch sternengefüllter als heute. So schön hätte ich träumen können. Nur leider träumte ich nicht oder wenn, dann eher ganze Horrorfilme. Stellte ich mir doch vor, dass einer dieser Sterne und wenn dieser nicht, dann zumindest der gute alte Mond, eines Tages auf mich herabstürzen würden. Niemand konnte mich beruhigen. Weder Wissenschaft noch Glaube konnten mir diese Angst nehmen. Während meine Eltern und die älteren Geschwister in lauen Sommernächten auf unserer Terrasse bewundernd herauf zu Mond und Sternen schauten, machte ich besser gleich die Augen zu.

Fünfzig Jahre später bin ich nun entflammt für Astronomie und Weltraumforschung und verschlinge populärwissenschaftliche Literatur dazu. Ich kann gar nicht sagen, woher diese Begeisterung plötzlich kommt Ich gebe jedoch zu, dass ich mir vieles nicht lange merken kann, weil ich es einfach zu unbegreiflich finde.

So stehe ich dann am Ende doch abends oder nächtens, wenn ich nicht in den Schlaf finden kann, am geöffneten Fenster und schaue zum Nachthimmel hinauf. Ich bin glücklich, wenn ich wenigstens einige Sterne noch erkennen kann. Manchmal führe ich auch nur ein Zwiegespräch mit dem so freundlich und zuverlässig am Nachthimmel hängenden Mond.

In diesen Momenten ist es mir egal, dass dieser sich jedes Jahr um rund vier Zentimeter von der Erde entfernt. Auch schiebe ich das angsteinflößende Szenarium von der als roter Riese endenden Sonne, die damit auch die Erde zerstören wird, weit von mir. Ebenso wenig stört es mich in diesen Momenten, dass ich immer noch wenig von Einsteins bahnbrechenden Erkenntnissen begriffen habe.

Ich träume. Wie ein Kind, nur heute ohne Horrorvorstellung. Wie eine Künstlerin, die den Sternenhimmel, wenn schon nicht in Bildern so doch in Gedichten festhalten möchte. Und ich träume als unverbesserliche Idealistin davon, wie die nachfolgenden Generationen unsere so schöne Welt bewahren werden. 

Der Zitatautor: Vincent van Gogh (1853 – 1890) war ein niederländischer Maler und Zeichner. Nachdem er 1880 sich entschlossen hatte, zu malen, hinterließ er in den zehn Lebensjahren, die ihm noch verblieben, ein reiches Werk an ungefähr 900 Gemälden und über 1000 Zeichnungen. Seine Bilder werden heute dem Postimpressionismus zugeordnet, sie griffen stilistisch jedoch sowohl Elemente des Realismus als auch des Naturalismus und des Impressionismus auf. Während er zu Lebzeiten davon nur ein Bild verkaufen konnte, erzielen seine Werke heute teilweise Millionen auf Auktionen. Schon zu Lebzeiten haftete ihm der Ruf an, verrückt zu sein. Die Geschichte vom abgeschnittenen Ohr gehört auch heute noch zu den Erzählungen, die sich um sein Leben ranken. Doch sein Bruder Theodor, sein engster Vertrauter und Unterstützer, wies immer wieder darauf hin, dass Vincent nicht verrückt sei, sondern eben einfach nur anders, abgewandt von jeglicher Konvention. Spekulationen zu Leben und Tod und die unterschiedlichsten Deutungen seines Schaffens halten bis zum heutigen Tag an.