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Ich freu mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch.
Meine Empfehlung: Wir machen die kleinen und auch größeren Unannehmlichkeiten des Tages nicht erträglicher, wenn wir als Griesgram durch den Tag laufen.
Ich freu mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch. (Karl Valentin, deutscher Komiker und Autor)
Mit dem Regen ist das so eine Sache. Denn da habe ich, wenn ich es mit Karl Valentin halte, an der Nordseeküste gefühlt jeden zweiten Tag Grund zur Freude. An feuchten Grüßen von oben mangelt es hier wahrlich nicht. Deshalb gibt es hier auch wenig Menschen, die sich darüber freuen. Manchmal die Landwirte, ja. Aber Einwohner und Urlauber ganz sicher nicht. Auch die Autofahrer kaum, denn starkregenbedingtes Aquaplaning auf der Autobahn ist wirklich kein Vergnügen. Ganz ehrlich? Leider auch für mich nicht.
So sagte neulich meine Nachbarin, die mit Familie gerade ihren Umzugswagen nach Antalya belud, dass wir hier doch in unseren kleinen Käfigen – sie meinte unsere Wohnungen – nur noch trübsinnig herum hocken würden. Schließlich sei ein Spaziergang im Starkregen nicht jedermanns Sache.
Nun lasse ich es dahingestellt sein, ob die immer extremer werdende Hitze in Südeuropa bzw. Kleinasien wirklich der glücklicher machende Lebensentwurf ist. Meine Wohlfühltemperatur liegt eher bei 18 bis maximal 22 Grad Celsius.
Ich kann mich aber noch gut an so manche Wetterwarnung nach unserem Umzug von Süddeutschland gen Norden erinnern. So wies mich ein gutmeinender Lehrer an der Schule meines Kindes darauf hin, dass die Menschen in Norddeutschland in Herbst und Winter stark zu Depressionen neigen würden.
Ist das so vom Wetter abhängig?
Auf alle Fälle tigerte ich am Ende auch in den ersten Jahren empört durch die Wohnung, wenn das Trommeln des Regens auf das Dach unserer Mansarde mich schier verrückt machte.
Auch gäbe es sicher so manche Regenanekdote zu berichten, die sich im Laufe der Jahre zugetragen hat. Zum Beispiel soll ich auf die Bitte meines Sohnes, ihn früh doch schnell mal in die Schule zu fahren, geantwortet haben „Nein, das kann ich nicht, es regnet.“
Nun soll es immer noch Erwachsene geben, die pfeifend durch den Regen spazieren, egal ob es sich um einen sanften Landregen handelt oder der Regen wie Platzpatronen auf sie herab prasselt.
Und Kinder? Sie hüpfen mit den neuen Gummistiefelchen doch gerade fröhlich in jede Pfütze. Auch ich hatte zu Kinderzeiten immer besonders gute Laune, wenn es Bindfäden goss und versuchte dann meine Eltern zu einem Spaziergang in den regenfeuchten nahen Wald zu animieren. Ist es nicht ein besonderes Naturschauspiel, wenn die Regentropfen auf den Tannennadeln glitzern?
Wann ging mir das verloren?
Warum muss ich heute immer zuerst daran denken, wie der Regen mein Tagewerk erschwert, wie er aufs Dach lärmt oder gar, dass er ein Vorzeichen des nahenden Weltuntergangs durch den Klimawandel ist?
Eigentlich sollte ich mich doch eher glücklich schätzen, in einer Region zu leben, die nur selten von Dürre heimgesucht wird. In einer Region, in der ich ohne schlechtes Gewissen meine zwei Liter Wasser am Tag trinken darf.
Nun hat Karl Valentin sicher den Regen nur als Beispiel dafür zitiert, dass wir die kleinen und auch größeren Unannehmlichkeiten des Tages nicht erträglicher machen, wenn wir als Griesgram durch den Tag laufen.
Aber mit Verlaub, das Beispiel passt vorzüglich. Noch. In Australien, Kenia oder der Sahelzone beispielsweise würde es schlicht abgeändert werden müssen: „Ich freu mich, wenn die Sonne brennt. Denn wenn ich mich nicht freue, brennt sie auch“.
Der Zitatautor:
Karl Valentin (1882 -1948): mit bürgerlichem Namen Valentin Ludwig Fey, war ein deutscher Komiker, Volkssänger, Autor und Filmproduzent. Er beeinflusste mit seinem Humor zahlreiche Künstler, darunter Bertolt Brecht, Loriot, Samuel Beckett oder Helge Schneider. Mit seinem ganz besonderen Sprachwitz nahm er sich und seinen ständigen Kampf mit alltäglichen Dingen, Menschen und Behörden häufig selbst auf dem Arm.